Pater Zenon: Perspektiven schaffen

Jun. 2022

Seit Kriegsbeginn am 24. Februar dieses Jahres in der Ukraine sind bis Anfang Mai rund 5,7 Millionen Menschen aus ihrer Heimat geflüchtet. Polen hat davon mit über drei Millionen Menschen mehr als die Hälfte aufgenommen. Welcher Kraftakt für das Land damit verbunden ist, macht ein Vergleich deutlich: In den ersten zehn Wochen hat Polen mehr als dreimal so viel Geflüchtete aufgenommen wie Deutschland im Gesamtjahr 2015 – dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise. Ein Gespräch mit Pater Zenon Hanas über Zeiten des Ausnahmezustandes.

Wie muss man sich die aktuelle Situation in Polen vorstellen?

Polen ist für viele Ukrainer der bevorzugte Zufluchtsort und so platzt Warschau schon jetzt aus allen Nähten. Normalerweise leben hier zwei Millionen Menschen. In den letzten Wochen ist die Bevölkerung in der Hauptstadt um rund 20% angestiegen. Anders als in Deutschland gibt es in Polen aber so gut wie keine staatlichen Strukturen für Flüchtlingshilfen. Das heißt, der Großteil der Menschen kommt privat unter.

Wie helfen die Pallottiner?

In Polen verfügen wir unter anderem über zehn größere Bildungshäuser, in denen wir normalerweise Bildungsseminare und spirituelle Konferenzen abhalten. Diese nutzen wir jetzt als Flüchtlingsunterkünfte. Aktuell beherbergen wir dort rund 500 Menschen, die länger in Polen bleiben wollen. Zudem werden über unsere mehr als 30 Pfarreien Tausende Ukrainer in polnischen Familien untergebracht –teils für ein paar Tage, teils auch länger. 

Was für Menschen beherbergen sie dort?

Wie überall sind es das vor allem Kinder, ihre Mütter und Großmütter. Was uns aber unterscheidet: Die Menschen aus der Ukraine kennen uns Pallottiner, da wir seit 30 Jahren dort bekannt sind. Der Großteil ist tatsächlich über Pallottiner-Kontakte zu uns nach Polen gekommen. Insofern haben wir ein besonderes Vertrauensverhältnis. Das hilft ungemein bei der Integration – nicht nur in unseren Bildungshäusern, sondern auch in den jeweiligen Familien.

Was zeichnet die Unterstützung der Pallottiner aus?

Neben Unterkunft und Verpflegung schaffen wir die Voraussetzungen, dass sich die Menschen schnell im neuen Umfeld integrieren können. Wir fangen dabei bei den Kindern an. So besteht die Möglichkeit, dass die Kinder eine polnische Schule besuchen. Auch wenn die Schriften unterschiedlich sind, haben beiden Sprachen doch die gleiche Herkunft. Eine andere Option ist es, dass die ukrainischen Kinder Online-Unterricht in ihrer Heimatsprache erhalten. Corona hat in den letzten zwei Jahren hierfür die Voraussetzungen geschaffen. Und in den größeren Städten Polens sind sogar bereits Schulen entstanden, die von ukrainischen Lehrern geführt werden. Egal welche Unterrichtsoption wahrgenommen wird, am Nachmittag erhalten alle ukrainischen Schüler Sprachkurse in Polnisch. Die Kinder kommen mit der Situation ganz gut zurecht. Dabei hilft es, dass sie meistens gut ausgebildet sind und auf ihre Sprach- und Computerkenntnisse zurückgreifen können. 

Woher bekommen Sie die finanziellen Mittel, um all das zu finanzieren?

Wir sind auf Spenden und Sponsoren angewiesen – wie etwa die PATRIZIA Foundation. Aus den Mitteln des EduCare Europe Fund finanzieren wir zum Beispiel verschiedene Maßnahmen in unserem Seminarhaus in Warschau. Hier leben derzeit 80 Familien, für die wir nun eine Infrastruktur aufbauen müssen – beispielsweise Sanitäreinrichtungen und Küchen. Zudem finanziert der EduCare Europe Fund spezielle Betreuungsprogramme für Kinder jeden Alters und richtet sogenannte „Safe Spaces“ für kleine Traumapatienten ein.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Zuallererst gilt es, die geflüchteten Menschen aus der Ukraine hier in Polen bestmöglich zu betreuen und zu integrieren. Aber wir müssen uns auch auf die Zeit nach dem Krieg vorbereiten und den Ukrainern beim Wiederaufbau ihres Landes helfen. Die Menschen brauchen genau diese Perspektive. Sie schafft Vertrauen in die Zukunft und hilft so die Gegenwart besser zu bewältigen.

Das Interview führte Andreas Menke.

Pater Zenon Hanas und die Pallottiner

Die Pallottiner sind eine religiöse Männergemeinschaft innerhalb der katholischen Kirche. Sie wurde 1845 von Vincenzo Pallotti in Rom gegründet. Heute ist die Gemeinschaft auf allen Kontinenten vertreten und zählt rund 2500 Mitglieder. Pater Zenon Hanas engagiert sich seit 1982 als Priester für die Gemeinschaft. Heute verantwortet er als Provinzial die Warschauer Pallottinerprovinz mit insgesamt 350 Priestern. Zu seinem Verantwortungsgebiet gehört auch die Ukraine. Seit 1991 sind die Pallottiner mit zehn Pfarrgemeinschaften dort vertreten, die von 20 Priestern vor Ort betreut werden. Neben den großen Bildungsstätten in Odessa, Kiew oder Lviv gibt es auch kleinere Gemeinden in der Ost- und Zentralukraine. Während die größeren Häuser im Westen der Ukraine als Unterkunft für durchreisende Flüchtende genutzt werden, dienen die Kellerräume der Kirchen als Schutzräume in der Nacht für die Bewohner der umliegenden Häuser.

Pater Zenon Hanas wurde in Polen geboren. In München studierte er an der Hochschule für Philosophie und promovierte dort später im Fach Kommunikationswissenschaft. Bevor er im Jahr 2017 Provinzial der Warschauer Pallottinerprovinz wurde, war er für sechs Jahre als Vize-General in Rom tätig.

Bildungsbotschafter Mario Götze erklärt zum Auftakt der Kampagne mit dem Herzensprojekt im ostindischen Muniguda: “Bildung ist für mich ein Weg, um die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Diesen Grundsatz habe ich von Klein auf mitgegeben bekommen. Eine gute Bildung eröffnet Möglichkeiten, sein Leben selbst zu gestalten. Mit einem besseren Zugang zu Bildung nähern wir uns dem Ziel, gleiche Chancen für jede und jeden zu bieten“, eine Überzeugung, mit der Mario Götze die Bedeutung der Kampagne unterstreicht. Die geplanten Erweiterungen umfassen den Bau von Sanitäreinrichtungen, zehn neuen Klassenräumen, drei naturwissenschaftlichen Räumen, einer Bibliothek und einem Computerraum. Durch diese Maßnahmen kann die Stiftung rund 1.000 benachteiligte jungen Menschen in der Region Bildung zugänglich machen und insbesondere Mädchen damit eine Alternative zur frühen Verheiratung bieten. Oberbürgermeisterin Eva Weber erweitert den Bildungsbegriff zudem: „Bildung ist für mich der Schlüssel für ein gelingendes Leben. Und zwar für alle: Denn Bildung ist ein lebenslanger Prozess, der nicht mit dem Schulabschluss endet, sondern bis in hohe Alter stattfindet.“

Neben Oberbürgermeisterin Eva Weber und dem Fußballspieler Mario Götze haben weitere herausragende Augsburger Persönlichkeiten und Repräsentanten des öffentlichen Lebens ihre Unterstützung für die Initiative kundgetan. André Bücke, Intendant des Staatstheaters Augsburg, Halil Altintop, ehemaliger FCA-Spieler und Jugendtrainer beim FC Bayern München, Gordon Rohrmeier, Präsident der Technischen Hochschule Augsburg, Sandra Peetz-Rauch, Vorständin der Stadtsparkasse Augsburg, Prof. Dr. Stephan Vogt, Ärztlicher Direktor der Hessing-Stiftung und die Unternehmerin Ramona Meinzer engagieren sich leidenschaftlich für die Bildungsinitiative aus Augsburg. Auch Personen aus unterschiedlichen Berufsfeldern zeigen ihre Unterstützung, darunter Bianca Uhl, Marktfrau vom Stadtmarkt Augsburg, Wolfgang Fratz, Rechtsanwalt der Kanzlei Sonntag & Partner, Masterstudentin und syrischer Flüchtling Shereen Diko, der Augsburger Journalist Christian Ort oder Katharina Ulbrich, Reinigungsfachkraft im Augsburger PATRIZIA-Büro. Mit ihrer Teilnahme möchten die Unterstützer sowohl das lokale als auch das internationale Interesse der Bildungsakzente der `Hearts4Change´-Kampagne in den Fokus rücken. 

Die PATRIZIA Foundation ruft mit ihren Plakaten in Augsburg, in den Sozialen Netzwerken und mit Flyern dazu auf, sich aktiv an der Kampagne zu beteiligen. Das Engagement für mehr Bildung soll durch Spenden und das Teilen der Kampagne in den Sozialen Medien mit dem Hashtag #Hearts4Change eine breite Wirkung entfalten.

Weitere Informationen sind verfügbar unter

www.patrizia.foundation/hearts-for-change. 

Hintergrundinformationen zur PATRIZIA Foundation:

Die PATRIZIA Foundation wurde 1999 von Wolfgang Egger gegründet. Ziel der Stiftung ist es, weltweit möglichst vielen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu hochwertiger Bildung, Gesundheitsversorgung und Fürsorge zu ermöglichen und ihnen somit zu einem freien und selbstbestimmten Leben zu verhelfen. In den Bildungsprojekten, die mindestens 25 Jahre begleitet werden, schafft die Stiftung mit ihren KinderHäusern analoge und digitale Bildungsinfrastrukturen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. In den bisher 25 Jahren, in denen die Stiftung inzwischen aktiv ist, wurden weltweit bereits 23 KinderHaus-Projekte auf vier Kontinenten eröffnet. Zum Beginn des 25-jährigen Jubiläumsjahr im Jahr 2024 startet die PATRIZIA Foundation gemeinsam mit der Augsburger Kanzlei Sonntag & Partner ein neues KinderHaus-Projekt in Benin. Getreu dem Leitsatz „Building Better Futures“ realisiert die PATRIZIA Foundation immer gemeinsam mit lokalen Partnern den Aufbau und langfristigen Betrieb von Schulen, Ausbildungsstätten, Kinderkrankenhäusern und Wohnunterkünften zur Entwicklung nachhaltiger gesellschaftlicher Strukturen. Die Stiftung garantiert, dass die gesammelten Spenden zu 100 Prozent in die KinderHaus-Projekte fließen, und den benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugutekommen.