Prof. Bodo B. Schlegelmilch: CSR

Aug. 2020

Prof. Dr. mult. Bodo B. Schlegelmilch von der Wirtschaftsuniversität Wien forscht seit den 1990er-Jahren zu Corporate Social Responsibility. In seinem aktuellen Buch beleuchtet er das Thema aus verschiedenen Perspektiven. Wir sprachen mit ihm in seinem Wiener Büro und erfuhren, dass selbst die Covid-19-Krise in Hinblick auf CSR etwas Positives haben kann. 

Herr Prof. Schlegelmilch, CSR ist heute in aller Munde. Ist der Begriff denn überhaupt klar definiert?

Corporate Social Responsibility ist in der Tat eher lose definiert und hat Überlappungen zu Business Ethics auf der einen und Sustainability auf der anderen Seite – alle drei Begriffe fließen ineinander. Tatsächlich drückt CSR eine Verpflichtung von Unternehmen aus, etwas für die Gesellschaft zu tun, das über gesetzliche Vorschriften hinausgeht. Doch die Definition ist auch Stein des Anstoßes: Inwieweit handelt es sich um eine Verpflichtung und inwieweit ist es freiwillig? Geht es „nur“ um ein Adressieren negativer Einflüsse, die mit den Tätigkeiten eines Unternehmens in Zusammenhang stehen (z. B. eine möglichst umweltfreundliche Produktion) oder haben Unternehmen tatsächlich eine moralische Verpflichtung, etwas für die Gesellschaft zu tun, das über ihre gesetzlichen Verpflichtungen hinausgeht (z. B. sich um Obdachlose zu kümmern oder Kinderheime zu bauen).

In der Literatur gehen die Meinungen hier auseinander. Der Autor Edward Freeman repräsentiert eine Seite des Pols und argumentiert, dass Unternehmen Instrumente der öffentlichen Ordnung sind und eine moralische Verpflichtung haben, sich um sozial schwächer gestellte Gruppen zu kümmern. Im Gegensatz dazu propagiert Milton Freedman,  dass die soziale Verantwortung von Unternehmen in erster Linie darin besteht, ihre Profite zu erhöhen; und zwar nach den Regeln des freien Wettbewerbs und ohne Täuschung und Betrug.

Sie forschen bereits seit den 90er-Jahren zu CSR. Hat sich die Wahrnehmung seitdem verändert?

CSR bzw. Business Ethics, wenn auch nicht so benannt, hat es schon immer und überall gegeben. Beispielsweise in Form von Industriellen, die sich besonders um die sie umgebenden Gemeinschaften gekümmert haben. In Japan haben große Unternehmen schon vor amerikanischen oder europäischen sogenannte Corporate Codes of Ethics formuliert. Mittlerweile ist das Thema stark in den Vordergrund gerückt. Es gibt kaum noch Interviews mit namhaften CEOs, in denen diese nicht betonen, welche zahlreichen Projekte ihre Unternehmen im Bereich CSR unterstützen. Auch an Business Schools steigt das Interesse an dem Thema. Studierende sind natürlich weiterhin daran interessiert, wie man Profite anheben kann – aber eben auch daran, welche Rolle Unternehmen in der Gesellschaft spielen sollten.

Der Gewinn ist also nicht mehr die „eine“ Maßgröße?

Richtig, denn Gewinnoptimierung lässt sich zwar relativ leicht messen und das Unternehmen so beurteilen. Wenn ein Unternehmen aber sowohl profitabel sein möchte, aber sich auch so verhalten will, dass die Umwelt nicht geschädigt wird, die Angestellten und Geschäftspartner gut behandelt werden und darüber hinaus noch etwas für die Gesellschaft tun, ist die Messbarkeit der Unternehmensresultate schwieriger. Können schwächere Gewinne mit CSR-Maßnahmen erklärt werden oder führen CSR-Maßnahmen sogar zu einer Gewinnsteigerung? Inwieweit ist die Unternehmensführung überhaupt berechtigt, CSR-Ausgaben zu tätigen; ist das nicht eine Entscheidung der Eigentümer, d. h. der Aktionäre, was man mit dem erwirtschafteten Profit macht? Es gibt viele Fragen, die zum Teil sehr kontrovers diskutiert werden.

Wie sieht es mit CSR-Reporting aus?

Es gibt mittlerweile einige recht gute Reportingstandards, wie beispielsweite die Global Reporting Initiative (GRI). Trotzdem bleibt die Messbarkeit die beherrschende Problematik: Wie messen Sie Humanität? Wie den Beitrag zum Umweltschutz? Der CO2-Ausstoß ist noch messbar, aber insgesamt wird es in dem Bereich auch schnell kompliziert, vernünftige Messgrößen heranzuziehen. Und auch eine objektive Überprüfung ist schwierig. Man muss daher immer aufpassen, da die Manipulationsmöglichkeiten sehr hoch sind. Denken Sie nur an das sogenannte Greenwashing.

Was sollten Unternehmen bei der Kommunikation von CSR beachten?

Die Kommunikation muss glaubhaft und realistisch sein, nicht zu anbiedernd bzw. aufdringlich, sonst werden Konsumenten schnell abgeschreckt. Besonders tragisch ist es, wenn erst große Parolen kommuniziert werden und dann ethische Verfehlungen ans Licht gebracht werden. Eine Positionierung über CSR muss daher genau überdacht werden.

Ist CSR aktuell ein Trend, auf den viele aufspringen?

Ich glaube, CSR wird immer wichtiger und entwickelt sich zusehends in Richtung einer sozialen Norm. Denken Sie an Tragetaschen: Während früher Plastiktaschen gängig waren, wird man heute damit fast schon zum Social Outcast und steigt lieber von selbst auf Jute um. „Gutes“ Verhalten führt auch im Unternehmensumfeld dazu, dass andere nachziehen, wenn eine bestimmte Anzahl von Organisationen sich CSR-bewusst verhält. Die Kraft der Norm ist enorm!

Und was ist dann die Kernmotivation eines Unternehmens:  etwas Gutes tun oder nur kein Social Outcast sein?

Das lässt sich kaum verallgemeinern. Es kommt auf das Unternehmen an – ich glaube, dass es durchaus viele gibt, die CSR sehr ernst nehmen und auch gesellschaftliche oder ökologische Veränderungen herbeiführen oder zumindest unterstützen wollen. Andere wiederum springen nur auf den Trend auf, um nicht negativ wahrgenommen zu werden.

Viele Unternehmen spenden und sehen damit ihre Bringschuld erledigt. Wie wird das von der Gesellschaft wahrgenommen?

Im schlechtesten Fall nehmen Konsumenten solche Spenden gar nicht wahr. CSR-Aktivitäten, die in einem logischen Zusammenhang mit den Tätigkeitsfeldern der Unternehmen stehen, erwecken mehr Aufmerksamkeit und sind meines Erachtens auch authentischer. Wenn ein Computerhersteller Geräte für Schulen bereitstellt und dies mit Ausbildung verbindet, ist das stimmig. Wenn ein Pharmaunternehmen sich im Gesundheitsbereich engagiert, macht das ebenfalls Sinn. Ein Sponsoring für eine Ausstellung indigener Kunst im Amazonas wirft dagegen die Frage auf, wieso man das macht. CSR sollte möglichst zum Kerngeschäft passen und somit auch in allen Geschäftsprozessen verankert sein. Eine ausgegliederte CSR-Abteilung, die sich in Isolation einige Projekte ausdenkt, ist selten zielführend.

Worauf sollten Unternehmen achten, wenn sie einen geeigneten Partner für ihr CSR-Engagement suchen?

Es gibt eine große Zahl von Organisationen, NGOs, die hier Expertise und dadurch hohe Legitimität aufgebaut haben. Sie müssen einen guten Zweck verfolgen, in der Öffentlichkeit so wahrgenommen werden und professionell arbeiten und dokumentieren, wofür Gelder eingesetzt werden. Besonders wichtig ist die erzielte Wirkung, also konkretes Feedback, was mit der Unterstützung des Unternehmens erreicht wurde. Unternehmen müssen CSR-Ausgaben ja auch rechtfertigen, womit wir wieder bei der Messbarkeit sind.

Wie denken Sie, dass sich das Thema CSR in der Zukunft entwickeln wird?

Es wird noch wichtiger, als es ohnehin schon ist. Tatsächlich wurde der bestehende Trend durch Covid-19 noch beschleunigt. Beispielsweise wurde uns die Fragilität unserer Lieferketten deutlich bei der Maskenproduktion vor Augen geführt. Da hat man sich schon die Frage gestellt, ob die permanente Optimierung unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten wirklich der richtige Weg ist – und diese Reflektion sehe ich zunehmend auch in anderen Bereichen. Denken Sie beispielsweise an Flüge zu Meetings, die vor wenigen Monaten noch vollkommen normal waren und plötzlich durch Videokonferenzen ersetzt werden mussten. Ich davon aus, dass die Videokonferenzen und Homeoffice zumindest zu einem Teil nach Covid-19 bleiben werden. Die Pandemie hat uns daher gezeigt, dass umweltfreundlicheres Arbeiten möglich ist. Covid-19 führt in vielen Bereichen dazu, unsere Verhaltensweisen und Ziele zu überdenken. Dazu gehört auch die Rolle der Unternehmen in unserer Gesellschaft und damit auch die Rolle von CSR. Vielleich führt die Krise uns zu einem humaneren Miteinander.

Prof. Dr. mult. Bodo B. Schlegelmilch

 

Prof. Dr. mult. Bodo B. Schlegelmilch ist Vorsitzender des Instituts für International Marketing Management an der Wirtschaftsuniversität Wien, Vorsitzender der Association of MBAs (AMBA) und lehrt an verschiedenen Institutionen weltweit. Sein aktuelles Buch „Rethinking Business Responsibility in a Global Context: Challenges to Corporate Social Responsibility, Sustainability and Ethics”, herausgegeben mit Ilona Szőcs und im Februar 2020 im Springer-Verlag erschienen, beleuchtet CSR aus verschiedenen Perspektiven.

Bildungsbotschafter Mario Götze erklärt zum Auftakt der Kampagne mit dem Herzensprojekt im ostindischen Muniguda: “Bildung ist für mich ein Weg, um die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Diesen Grundsatz habe ich von Klein auf mitgegeben bekommen. Eine gute Bildung eröffnet Möglichkeiten, sein Leben selbst zu gestalten. Mit einem besseren Zugang zu Bildung nähern wir uns dem Ziel, gleiche Chancen für jede und jeden zu bieten“, eine Überzeugung, mit der Mario Götze die Bedeutung der Kampagne unterstreicht. Die geplanten Erweiterungen umfassen den Bau von Sanitäreinrichtungen, zehn neuen Klassenräumen, drei naturwissenschaftlichen Räumen, einer Bibliothek und einem Computerraum. Durch diese Maßnahmen kann die Stiftung rund 1.000 benachteiligte jungen Menschen in der Region Bildung zugänglich machen und insbesondere Mädchen damit eine Alternative zur frühen Verheiratung bieten. Oberbürgermeisterin Eva Weber erweitert den Bildungsbegriff zudem: „Bildung ist für mich der Schlüssel für ein gelingendes Leben. Und zwar für alle: Denn Bildung ist ein lebenslanger Prozess, der nicht mit dem Schulabschluss endet, sondern bis in hohe Alter stattfindet.“

Neben Oberbürgermeisterin Eva Weber und dem Fußballspieler Mario Götze haben weitere herausragende Augsburger Persönlichkeiten und Repräsentanten des öffentlichen Lebens ihre Unterstützung für die Initiative kundgetan. André Bücke, Intendant des Staatstheaters Augsburg, Halil Altintop, ehemaliger FCA-Spieler und Jugendtrainer beim FC Bayern München, Gordon Rohrmeier, Präsident der Technischen Hochschule Augsburg, Sandra Peetz-Rauch, Vorständin der Stadtsparkasse Augsburg, Prof. Dr. Stephan Vogt, Ärztlicher Direktor der Hessing-Stiftung und die Unternehmerin Ramona Meinzer engagieren sich leidenschaftlich für die Bildungsinitiative aus Augsburg. Auch Personen aus unterschiedlichen Berufsfeldern zeigen ihre Unterstützung, darunter Bianca Uhl, Marktfrau vom Stadtmarkt Augsburg, Wolfgang Fratz, Rechtsanwalt der Kanzlei Sonntag & Partner, Masterstudentin und syrischer Flüchtling Shereen Diko, der Augsburger Journalist Christian Ort oder Katharina Ulbrich, Reinigungsfachkraft im Augsburger PATRIZIA-Büro. Mit ihrer Teilnahme möchten die Unterstützer sowohl das lokale als auch das internationale Interesse der Bildungsakzente der `Hearts4Change´-Kampagne in den Fokus rücken. 

Die PATRIZIA Foundation ruft mit ihren Plakaten in Augsburg, in den Sozialen Netzwerken und mit Flyern dazu auf, sich aktiv an der Kampagne zu beteiligen. Das Engagement für mehr Bildung soll durch Spenden und das Teilen der Kampagne in den Sozialen Medien mit dem Hashtag #Hearts4Change eine breite Wirkung entfalten.

Weitere Informationen sind verfügbar unter

www.patrizia.foundation/hearts-for-change. 

Hintergrundinformationen zur PATRIZIA Foundation:

Die PATRIZIA Foundation wurde 1999 von Wolfgang Egger gegründet. Ziel der Stiftung ist es, weltweit möglichst vielen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu hochwertiger Bildung, Gesundheitsversorgung und Fürsorge zu ermöglichen und ihnen somit zu einem freien und selbstbestimmten Leben zu verhelfen. In den Bildungsprojekten, die mindestens 25 Jahre begleitet werden, schafft die Stiftung mit ihren KinderHäusern analoge und digitale Bildungsinfrastrukturen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. In den bisher 25 Jahren, in denen die Stiftung inzwischen aktiv ist, wurden weltweit bereits 23 KinderHaus-Projekte auf vier Kontinenten eröffnet. Zum Beginn des 25-jährigen Jubiläumsjahr im Jahr 2024 startet die PATRIZIA Foundation gemeinsam mit der Augsburger Kanzlei Sonntag & Partner ein neues KinderHaus-Projekt in Benin. Getreu dem Leitsatz „Building Better Futures“ realisiert die PATRIZIA Foundation immer gemeinsam mit lokalen Partnern den Aufbau und langfristigen Betrieb von Schulen, Ausbildungsstätten, Kinderkrankenhäusern und Wohnunterkünften zur Entwicklung nachhaltiger gesellschaftlicher Strukturen. Die Stiftung garantiert, dass die gesammelten Spenden zu 100 Prozent in die KinderHaus-Projekte fließen, und den benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugutekommen.