Dr. Auma Obama: Hilfe zur Selbsthilfe

Okt. 2020

Mit dem Lockdown in Kenia wurden landesweit alle Bildungseinrichtungen geschlossen. Die Sauti Kuu Foundation wollte die nationalen Prüfungskandidaten in Alego Nyangoma, im ländlichen Westen von Kenia, dennoch bei der Vorbereitung auf ihre Abschlussprüfungen unterstützen. Mithilfe des Corona-Hilfsfonds der PATRIZIA Foundation konnte Sauti Kuu einige Projekte umsetzen. Wir sprachen mit der Gründerin und Leiterin der Stiftung, Dr. Auma Obama.

Frau Dr. Obama, was waren die größten Herausforderungen für die von Ihnen betreuten Schüler aufgrund der Covid-19-Pandemie?

Aufgrund des Lockdowns konnten die Schüler nicht zu uns kommen. Alle Einrichtungen in Kenia wurden geschlossen, die Kinder durften nicht in die Schulen, nicht in die Kirche bzw. in öffentliche Einrichtungen, und leider auch nicht zu uns. Das war eine große Herausforderung für uns. Mit Remote-Learning wollten wir insbesondere den Schülern helfen, die am Schuljahresende Examen ablegen müssen. Da es in den meisten Familien kein Stromanschluss und auch kein Internet gibt, haben die Schüler anfangs die Lernmaterialien bei uns am Eingang abgeholt und sollten dann die Aufgaben zuhause allein bearbeiten. Das stellte sich aber als sehr schwierig heraus, denn sie waren ohne Betreuung und sehr isoliert zuhause und brauchten mehr Unterstützung. Deshalb haben wir das Konzept etwas verändert, denn wir haben hier im Ausbildungszentrum genügend Platz für Social Distancing und auch die Lehrer. Diese haben wir mit der nötigen Schutzausrüstung wie Face Shields und Masken ausgestattet. So konnten die Schüler zu uns kommen und hier, in verschiedenen Räumlichkeiten aufgeteilt, unterrichtet werden. Sie kommen jeden Tag in der Woche zu Sauti Kuu.

 

Wie hat Ihnen der Corona Fund Education Healthcare dabei geholfen?

Mit den Mitteln aus dem Corona-Hilfsfonds der PATRIZIA Foundation konnten wir Lernmaterialien für die Schüler kaufen, Lehrer anstellen sowie Druckerpapier und andere nötige Materialien für das Projekt bezahlen. So konnten wir an die Examenskandidaten Übungsblätter, Bücher und Stifte verteilen. Unter Einhaltung von Hygienevorschriften haben die Schüler in Kleingruppen am Unterricht teilgenommen, für einige schulisch schwache Kandidaten boten wir auch Einzelunterricht an – natürlich mit dem erforderlichen Abstand zwischen Lehrer und Schüler.

Außerdem führen wir Sensibilisierungsschulungen zu Covid-19 durch, um die Schüler über die Krankheit selbst und Präventionsmaßnahmen aufzuklären. Jeden Montag gibt es eine Unterrichtseinheit dazu. Die Schüler präsentieren dabei auch selbst vor ihren Mitschülern ihre Aufgaben. Ihr Bewusstsein für die Krankheit ist dadurch deutlich gestiegen. Diese Arbeit ist sehr wichtig, weil die Leute auf dem Land kaum Masken tragen.

Haben Sie auch die Familien der Schüler unterstützt?   

Ja, mit dem Grow-To-Eat-Projekt. Damit wollen wir Familien helfen, sich langfristig selbst versorgen zu können. Im ersten Schritt haben wir den Familien zwar Lebensmittelpakete verteilt, allerdings unter der Voraussetzung, dass sie Küchengärten anlegen. Jetzt haben wir unser Programm auch für Schüler anderer Klassen, die noch nicht wieder in die Schule dürfen, erweitert und unterrichten sie bei uns. Die Familien dieser Kinder müssen ebenfalls Küchengärten anlegen, damit die Kinder an dem Programm teilnehmen können. Und die Kinder selbst müssen beim Anlegen der Gärten mitmachen und ihren Eltern dabei helfen. Die Familien erhalten auch Lebensmittelpakete als Starthilfe, denn die Gärten brauchen ja Zeit zum Wachsen. Die Verteilung von Essen ist zwar wichtig, doch sie steht nicht im Vordergrund, sondern ist mehr eine Art von Motivation und Belohnung für die Bereitschaft, die Gärten anzulegen. Primär geht es bei der Initiative darum, dass die Familien sich mit den Gärten selbst versorgen können, damit sie nicht dauerhaft abhängig sind von Hilfe von außerhalb und sich selbst helfen können. Und das Gute ist: Die Kinder lernen zusammen mit ihren Eltern, wie sich selbst versorgen können.

Wie wurden die Angebote angenommen und zeichnet sich schon ein Erfolg ab?

Die Examenskandidaten haben unsere Angebote zur Prüfungsvorbereitung begeistert angenommen und sind regelmäßig zum Unterricht gekommen. Über die Feedback-Formulare, die die Schüler ausfüllen, wissen wir, dass sie besonders das Lernen in den kleinen Gruppen sehr schätzen.

Die Schüler haben auch gelernt, wie gefährlich die Covid-19-Pandemie ist und wissen, wie sie sich und andere vor Ansteckung schützen können. Sie tragen ihre Masken und halten die Abstands- und Hygieneregeln ein. Und wir hoffen natürlich, dass sie ihr Wissen in ihren Gemeinden auch weitergeben. Bei den Küchengärten stehen wir erst am Anfang, aber die Familien freuen sich sehr daran und auch die Kinder arbeiten begeistert daran mit.

Wann werden die Schulen in Kenia wieder öffnen?

Die Schulen in Kenia sind seit Mitte Oktober wieder geöffnet, aber nur für die Klassen, die die nationalen Schulprüfungen ablegen müssen, also die vierten und achten Klassen sowie die Abiturjahrgänge. Deshalb können unsere Examenskandidaten nicht mehr zu uns kommen, weil sie in die Schule gehen und auch am Wochenende viel lernen müssen.

Sauti Kuu Foundation

Sauti Kuu ist Kishuaheli für „starke Stimmen”. Die Sauti Kuu Foundation will jungen Menschen im ländlichen Kenia Chancen auf eine bessere Zukunft eröffnen. Bei Sauti Kuu in Alego erwerben sie wichtige Fähigkeiten, neues Wissen und soziale Kompetenzen. Die Angebote reichen von Bildung, Sport, Aktivitäten zur Persönlichkeitsentwicklung, Aus- und Weiterbildung bis hin zur Förderung einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung in der ländlichen Region Kenias. Das Hauptziel von Sauti Kuu besteht darin, ein Umfeld zu schaffen, das ein ganzheitliches Wachstum und eine ganzheitliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen ermöglicht.

Die Kinder, die Sauti Kuu in Kenia unterstützt, kommen aus Siaya County, einer ländlichen Region, in der ca. 3000 bis 4000 Familien leben. Sie sind im Alter von 4 bis 25 Jahren. Von einem Radius von bis zu fünf Kilometern Entfernung kommen die Kinder zu Sauti Kuu – eine Strecke, die sie gut zu Fuß laufen können, um vor Einbruch der Dunkelheit zuhause zu sein.

Im Moment entwickelt Sauti Kuu für das Berufsbildungszentrum, dessen Gebäude von der PATRIZIA Foundation mitfinanziert wurde, ein Curriculum für acht Fächer, um Jugendlichen einjährige Orientierungskurse (Englisch: Foundation course) vor der Berufsausbildung anzubieten. Die Jugendlichen können in verschiedene Fächer hineinschnuppern, um herauszufinden, welchen beruflichen Weg sie einschlagen wollen – damit sie sich für einen bestimmten Ausbildungsweg entscheiden, weil sie den Beruf wirklich lernen wollen, nicht weil sie es müssen.

Bildungsbotschafter Mario Götze erklärt zum Auftakt der Kampagne mit dem Herzensprojekt im ostindischen Muniguda: “Bildung ist für mich ein Weg, um die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Diesen Grundsatz habe ich von Klein auf mitgegeben bekommen. Eine gute Bildung eröffnet Möglichkeiten, sein Leben selbst zu gestalten. Mit einem besseren Zugang zu Bildung nähern wir uns dem Ziel, gleiche Chancen für jede und jeden zu bieten“, eine Überzeugung, mit der Mario Götze die Bedeutung der Kampagne unterstreicht. Die geplanten Erweiterungen umfassen den Bau von Sanitäreinrichtungen, zehn neuen Klassenräumen, drei naturwissenschaftlichen Räumen, einer Bibliothek und einem Computerraum. Durch diese Maßnahmen kann die Stiftung rund 1.000 benachteiligte jungen Menschen in der Region Bildung zugänglich machen und insbesondere Mädchen damit eine Alternative zur frühen Verheiratung bieten. Oberbürgermeisterin Eva Weber erweitert den Bildungsbegriff zudem: „Bildung ist für mich der Schlüssel für ein gelingendes Leben. Und zwar für alle: Denn Bildung ist ein lebenslanger Prozess, der nicht mit dem Schulabschluss endet, sondern bis in hohe Alter stattfindet.“

Neben Oberbürgermeisterin Eva Weber und dem Fußballspieler Mario Götze haben weitere herausragende Augsburger Persönlichkeiten und Repräsentanten des öffentlichen Lebens ihre Unterstützung für die Initiative kundgetan. André Bücke, Intendant des Staatstheaters Augsburg, Halil Altintop, ehemaliger FCA-Spieler und Jugendtrainer beim FC Bayern München, Gordon Rohrmeier, Präsident der Technischen Hochschule Augsburg, Sandra Peetz-Rauch, Vorständin der Stadtsparkasse Augsburg, Prof. Dr. Stephan Vogt, Ärztlicher Direktor der Hessing-Stiftung und die Unternehmerin Ramona Meinzer engagieren sich leidenschaftlich für die Bildungsinitiative aus Augsburg. Auch Personen aus unterschiedlichen Berufsfeldern zeigen ihre Unterstützung, darunter Bianca Uhl, Marktfrau vom Stadtmarkt Augsburg, Wolfgang Fratz, Rechtsanwalt der Kanzlei Sonntag & Partner, Masterstudentin und syrischer Flüchtling Shereen Diko, der Augsburger Journalist Christian Ort oder Katharina Ulbrich, Reinigungsfachkraft im Augsburger PATRIZIA-Büro. Mit ihrer Teilnahme möchten die Unterstützer sowohl das lokale als auch das internationale Interesse der Bildungsakzente der `Hearts4Change´-Kampagne in den Fokus rücken. 

Die PATRIZIA Foundation ruft mit ihren Plakaten in Augsburg, in den Sozialen Netzwerken und mit Flyern dazu auf, sich aktiv an der Kampagne zu beteiligen. Das Engagement für mehr Bildung soll durch Spenden und das Teilen der Kampagne in den Sozialen Medien mit dem Hashtag #Hearts4Change eine breite Wirkung entfalten.

Weitere Informationen sind verfügbar unter

www.patrizia.foundation/hearts-for-change. 

Hintergrundinformationen zur PATRIZIA Foundation:

Die PATRIZIA Foundation wurde 1999 von Wolfgang Egger gegründet. Ziel der Stiftung ist es, weltweit möglichst vielen Kindern und Jugendlichen den Zugang zu hochwertiger Bildung, Gesundheitsversorgung und Fürsorge zu ermöglichen und ihnen somit zu einem freien und selbstbestimmten Leben zu verhelfen. In den Bildungsprojekten, die mindestens 25 Jahre begleitet werden, schafft die Stiftung mit ihren KinderHäusern analoge und digitale Bildungsinfrastrukturen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. In den bisher 25 Jahren, in denen die Stiftung inzwischen aktiv ist, wurden weltweit bereits 23 KinderHaus-Projekte auf vier Kontinenten eröffnet. Zum Beginn des 25-jährigen Jubiläumsjahr im Jahr 2024 startet die PATRIZIA Foundation gemeinsam mit der Augsburger Kanzlei Sonntag & Partner ein neues KinderHaus-Projekt in Benin. Getreu dem Leitsatz „Building Better Futures“ realisiert die PATRIZIA Foundation immer gemeinsam mit lokalen Partnern den Aufbau und langfristigen Betrieb von Schulen, Ausbildungsstätten, Kinderkrankenhäusern und Wohnunterkünften zur Entwicklung nachhaltiger gesellschaftlicher Strukturen. Die Stiftung garantiert, dass die gesammelten Spenden zu 100 Prozent in die KinderHaus-Projekte fließen, und den benachteiligten Kindern und Jugendlichen zugutekommen.